Die Desmodromik
Natürlich verbindet man den Namen DUCATI mit Zweizylindermotoren. Aber noch mehr verbindet man DUCATI mit der Desmodromik, der zwangsgesteuerten Ventilbewegung. DUCATI war und ist immer noch der einzige Hersteller weltweit, der die desmodromische Ventilsteuerung in Serienmodellen verbaut. Norton hatte zwar einen Einzylinder mit der desmodromischen Ventilsteuerung ausgestattet, diese war aber nur für Rennzwecke erprobt worden.
Das nachfolgende GIF zeigt eindrucksvoll die Funktionsweise der Desmodromik.
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Fabio Taglioni entwickelte ab 1956 für Ducati die Desmodromik, welche bis heute nach diesem Prinzip übernommen wird. Im selben Jahr wird ein Desmo-Motor in einem 125er-GP-Bike mit 3 obenliegenden, königswellengetriebenen Nockenwellen eingesetzt.
Taglionis Desmodromik von 1956. Quelle: ducati.com / Stefano Bianucci
Italienisches Wunderwerk für den GP-Wettbewerb: 125er Königswellen-Motor mit drei Nockenwellen und desmodromischer Ventilsteuerung
(Zeichnung: Werk)
Nun aber zu der Technik: der Begriff kommt aus dem Griechischen Desmo Dromos, was so viel wie kontrollierte Bewegung bedeutet.
Das beschreibt den Unterschied zur „normalen“ Ventilsteuerung schon ganz gut. Bei herkömmlichen Motoren wird das Ventil durch eine Feder am Nocken gehalten (Schließmechanismus). Neben dem üblichen Öffnungshebel wird bei der Desmodromik im Viertaktmotor das Schließen des Ventils durch einen Schließhebel, genauer gesagt durch einen Kipphebel übernommen. Im Gegensatz zur Feder ist die Bewegung durch den Kipphebel fest vorgegeben (zwangsgesteuert). Dieser zweite Hebel wird durch eine zusätzliche Nocke betätigt.
Ein resultierender Vorteil ist, dass die Ventile nicht flattern können. Bei einer Feder ist eine maximale Drehzahl vorgegeben. Wird diese überschritten, so kann die Federkraft das Ventil nicht mehr am Nocken halten. Das Ventil hebt ab und kann im schlimmsten Fall mit dem Kolben kollidieren. Ein kapitaler Motorschaden ist die Folge.
Ein weiterer Vorteil der Desmodromik ist, dass Nocken mit steilerem Anstieg und größerem Hub verwendet werden können. Die Ventilbeschleunigungen können dadurch wesentlich höher ausfallen als bei ferdergehaltenen Ventilen. Dadurch wird der Brennraum mit mehr Frischgas versorgt, was der Effizienz zu gute kommt. Zuletzt soll erwähnt sein, dass die Reibungsverluste und Wechselmomente bei der Desmodromik deutlich geringer ausfallen. Zudem ist der benötigte Bauraum kleiner.
Zeichnung der Desmodromik (Bleistift). Quelle: desmopedia.de
Doch nun zu den Nachteilen. Zum einen verlangt die desmodromische Steuerung nach einer sehr hohen Präzision in der Herstellung. Zum anderen gestaltet sich das Einstellen des Ventilspiels als äußerst aufwendig, da dies im Hundertstelmillimerterbereich stattfinden muss. Das macht auch die Inspektionskosten etwas teurer; gerade die DUCATI Vierventiler wie MONSTER S4, S4R und S4RS, 749, 848, 999, 1098, 1198, Streehtfighter, Diavel, etc. sind wegen dem höheren Zeitaufwand davon betroffen. Bei dem Topbike, der DUCATI Desmosedici (Vierzylinder-Vierventil-Motor), sind bei der Inspektion allein für das Ventileinstellen 7 Stunden vorgesehen.
Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass die Entwicklung hochfester und leichter Werkstoffe die Vorteile der Desmodromik relativiert haben. Ventile moderner Motoren sind so klein und leicht, dass zusammen mit verbesserten Stählen für die Schraubenfedern extreme Drehzahlen möglich wurden. Und dennoch ist die Desmodromik von DUCATI ein ausgereiftes, gut funktionierendes System, welches wir weiterhin in DUCATIs finden wollen und werden. Trotz der technischen Weiterentwicklung von federgehaltenen Ventilen, zählt für den gemeinen Ducatista nur eines: die Exklusivität der Ducati-Desmodromik!